Kenia: Luxus mit Sinn

Der Tisch ist gedeckt, das Frühstücksbüffet in der Heckklappe des Safari-Wagens angerichtet. In bequemen Stühlen lassen wir uns am Galana Fluss nieder und stärken uns nach dem morgendlichen Game Drive. Am anderen Ufer trottet ein Elefant ins Wasser und nähert sich uns gemächlichen Schritts. Beide Parteien scheinen überrascht. Die Elefanten – es war doch nicht nur einer – halten zwar einen Respektabstand ein, sind aber schon ganz schön nahe. Und ganz schön groß.

Unser Begleiter, Richard Corcoran, Managing Director der Secluded Africa-Lodges, bleibt ruhig bei Tisch sitzen und fordert uns auf, dasselbe zu tun: keine hektischen Bewegungen, keine lauten Töne. Während mein Adrenalinspiegel steigt, zeigt sich der überzeugte Naturschützer und -kenner ent spannt, wenngleich hoch konzentriert. Keine Regung – weder von den Elefanten noch von uns - entgeht ihm. Ein Blick zu ihm und den „Spottern“, den Spähern, lässt meinen Puls langsam wieder sinken. Die Dickhäuter sind zwar in greifbarer Nähe, aber sie interessieren sich nicht wirklich für uns.

Rote Elefanten

Dass Elefanten sehr soziale Wesen sind, erklärt uns Richard anhand einer weiteren Begegnung. Ein regelmäßig befülltes Wasserloch in unmittelbarer Nähe zum Camp Kipalo Hills im Mbulia Conservancy, angrenzend an den Tsavo West National Park, ist täglicher Treffpunkt der Dickhäuter. Jeden Morgen scharen sich die alleinlebenden Bullen – wir zählen 42 - um die Trinkquelle, tauschen sich mit ultrasonarer Kommunikation aus und erinnern in ihrem Verhalten frappierend an zweibeinige Barbesucher. Die mürrischen Alten weisen die ungestümen Jungen zurecht, wenn sie sich vordrängen. Wenn sie aufbrausend werden, legen die Senioren ihren Rüssel über einen Stoßzahn und signalisieren so, dass kein Grund zur Panik vorliege. Wenn sie entspannt sind, kreuzen sie die Beine und nur wenn sie sich völlig sicher fühlen, legen sie sich hin. In einem Zoo kommt das nie vor. Nachdem der Durst gestillt ist, folgt zur Abkühlung ein Schlammbad oder eine Dusche mit dem roten Sand, der für Tsavo typisch ist.

Fast zwei Jahre hat Richard gebraucht, um sich den Elefanten mit seinem Safari-Auto bis auf ein paar Meter annähern zu können. Jetzt akzeptieren sie die Besucher und kennen sogar seine Stimme. „An keinem anderen Ort der Welt kannst du so nahe an wildlebende Afrikanische Elefanten heran“, erklärt Richard sichtlich erfreut.

Barefoot Luxury

„Barfuß-Luxus“ heißt die Devise in den fünf abgeschiedenen, exklusiven Lodges von Secluded Africa, die der Österreicher Mario Enzesberger und sein Kenianischer Partner Richard Corcoran mit viel Herz und Hirn betreiben. Auch wenn sich die einzelnen Unterkünfte voneinander beträchtlich unterscheiden, haben sie doch einige Gemeinsamkeiten: Die Lage in einem Naturschutzgebiet, rund zehn bis maximal 16 Zimmer bzw. Zelte, ein Team, das größtenteils aus den umliegenden Dörfern rekrutiert wird und eine herzliche, familiäre Atmosphäre garantiert, sowie das soziale und ökologische Engagement.

Pro Person werden pro Übernachtung 60 USD „Conservancy Fee“ (Anmerkung: Schutzgebiet-Entgelt) verrechnet, die eins zu eins in eine Stiftung fließen, die sich dem Schutz von Natur und Wildtieren sowie „Community Based“-Projekten verschrieben hat. Da die Unterkünfte in privaten Schutzgebieten angesiedelt sind, teilen sich die Gäste ihr Tagesprogramm nach Lust und Laune ein, in Absprache mit ihren Guides. „Go as you please“, lautet das Motto. Walking Safaris – immer mit bewaffneter Begleitung - sind ebenso möglich wie Ausfahrten zu jeder Tages- und Nachtzeit, was in den Nationalparks mit strengen Regeln und fixen Öffnungszeiten nicht machbar ist.

Auftakt in rosa

Die Camps sind an einigen der schönsten Plätze Kenias angesiedelt. Die Sunbird Lodge, 2008 vom Vorarlberger Lebensmittelhändler Othmar Pircher errichtet, bietet den perfekten Einstieg für eine Rundreise. Nur knapp drei Stunden von Nairobi entfernt, thront die Anlage mit 16 liebevoll gestalteten Cottages auf einem Hügel oberhalb des Lake Elementaita, an dem rund 450 Vogelarten nisten. Vom Haupthaus bietet sich ein herrlicher Blick auf das Soysambu Naturschutzgebiet, das unter anderem die größte Population der seltenen Rothschild-Giraffen beherbergt. Ein Sundowner am See, der dank tausender Flamingos rosa schimmert, ist die perfekte Einstimmung.

Grazile Marionetten

Die „Instinct of the Mara“ im privaten Schutzgebiet Olderkesi im abgeschiedenen Südosten der Masai Mara, einer der tierreichsten Gegenden des Landes, ist unser nächstes Ziel. Sieben Premium Zelt-Suiten mit Dusche und WC sowie zwei Luxus Zelt-Suiten versprechen Glamping vom Feinsten. Schon am Weg ins Camp, entlang des Sand Rivers, stoßen wir auf eine Herde von mehr als zwanzig Löwen, die – je nach Rangordnung - noch an ihrer Beute nagen oder schon satt unter einem Busch dösen. Zudem streifen die allgegenwärtigen Zebras umher, ebenso wie verschiedene Antilopenarten: Impalas, Topis, Elans oder Kudus. Büffel, die als Einzelgänger im Alter sehr ungemütlich werden können, grasen entspannt in der Savanne. Besonders angetan haben es mir die grazilen Giraffen, die trotz ihrer Größe wie Marionetten über die Buschlandschaft zu schweben scheinen.

Bei unserem komfortablen Picknick-Lunch - komplett mit Tisch und Stühlen sowie frisch angerichtetem Buffet auf der Ladefläche unseres Safari-Autos - beobachten uns zwei dieser Riesen entspannt mit großer Neugier. Nur aus nächster Nähe – oder mit gutem Teleobjektiv – zu sehen, sind ihre beneidenswert langen, dichten Wimpern.

Glück allein reicht nicht

Völlig unverständlich bleibt mir bis heute, wie unsere „Spotter“ einen Leoparden ausmachen konnten, in einem Graben, mitten im Gebüsch schlafend. Selbst aus nächster Nähe war das elegante Tier für unsere Augen nicht sofort erkennbar. Dafür braucht es einfach richtig gute Späher. Und sehr viel Glück. Nur so war es uns vergönnt, dass wir die „Big 5“ – Elefant, Löwe, Büffel, Leopard und Nashorn – innerhalb von 24 Stunden sehen konnten.

Doch dank unserer Guides sollten wir noch einen weiteren Höhepunkt erleben: eine Flussüberquerung bei der großen Migration, bei der rund eineinhalb Millionen Gnus – die das ganze Jahr über dem Regen folgen - zwischen Kenia und Tansania hinund herziehen. Tausende dieser Tiere, die, so die Legende, bei der Schöpfung aus den Resten aller anderen Lebewesen zusammengesetzt wurden, versammeln sich am Mara Fluss. Und warten. So lange, bis das erste Gnu sich in die Fluten stürzt. Dann drängen tausende Artgenossen hinterher und kämpfen sich ans andere Ufer. Erschöpft von der langen Reise, schaffen es nicht alle, denn die Krokodile lauern auf leichte Beute. All diese Eindrücke lassen wir beim obligatorischen Sundowner am Lagerfeuer im Camp – oder auch auf dem nahegelegenen Hügel – Revue passieren.

Der Ort, an den man immer wiederkehrt

Ein rund einstündiger Flug in einer kleinen Propellermaschine bringt uns von der Masai Mara in den Tsavo East Nationalpark. Von hier geht es im offenen Safari-Wagen zum Kipalo Hills Camp an den Hängen der Mbulia Hills. Das Camp wurde auf Initiative der lokalen Bevölkerung auf der knapp 50 km² großen Mbulia Group Ranch gegründet. Sieben Premium-Zelte und eine Luxury-Suite schmiegen sich in die unberührte Landschaft rund um das Haupthaus mit Bar, Essplatz und Swimmingpool. Der Blick über die Weite des Naturschutzgebiets reicht, bei klarer Luft, bis zum Kilimanjaro. In unmittelbarer Nähe, am Fuße der Aussichtsterrasse, lockt ein regelmäßig befülltes Wasserloch unzählige Wildtiere an, von Elefanten über Büffel, Leoparden bis hin zu den akut vom Aussterben bedrohten Afrikanischen Wildhunden.

Sind Familien im Camp, kümmern sich speziell geschulte Guides um die Kinder und bringen ihnen das Leben der Natur auf lebendige Art und Weise nahe. Besonders spannend ist – neben Game Drives und Walking Safaris – ein Besuch bei der Ranger-Einheit. Acht Mann sind praktisch rund um die Uhr unterwegs, um Wilderern das Handwerk zu legen und in den Schulen Aufklärungsarbeit zu leisten. 

Bühnenreif

Das Abendessen wird, wie in allen anderen Camps, gemeinsam im Haupthaus eingenommen. Eingeläutet wird es mit der Ankündigung des Menüs. Wenn Chefkoch Dani in Kipalo Hills in blütenweißer Jacke auftritt, wird es schlagartig still: Mit melodiöser Samtstimme präsentiert er seine Speisenfolge mit feierlichem Stolz und bühnenreifer Intonation. Die Erwartung ist groß – und wird nicht enttäuscht. Müsste ich mich für nur eine der Lodges von Secluded Africa entscheiden, so wäre es Kipalo Hills. Der Ausblick von den geräumigen Zelten, die Safari-Dusche, der prächtige Felsen für den Sundowner, die Wasserlöcher, kurz, das Gefühl, mitten in der Savanne zu sein, ganz nah an der Natur, mit beträchtlichem Komfort, sehr entspannt. In der Sprache der lokalen Taita heißt Kipalo „der Ort, an den man immer wiederkehrt“. Ja, bitte, unbedingt!

Hideaway im Suahili Style

Das totale Kontrastprogramm zur Wildnis erwartet uns im Boutique Hotel Cardamom House etwa eine Autostunde nördlich von Mombasa, in Vipingo, direkt am Indischen Ozean. Hier haben Eigentümer Mario Enzesberger und seine Frau Gil ein altes Herrenhaus in eine naturnahe, edle Unterkunft im Suaheli-Stil umgewandelt. Lobby und Terrassen wurden um alte Bäume herumgebaut, die neun Suiten mit viel Geschmack im modernen Afro-Chic gestaltet. Mit der „Conservancy Fee“ werden hier Schulprojekte sowie u.a. ein Projekt zur Aufforstung von Korallen unterstützt.

KOMPAKT

  • Anreise: Mit Emirates, Qatar Airways, Ethiopian Airways, Condor, Eurowings Discovery u.a. Reine Flugzeit ca. 9 Stunden.
  • Beste Reisezeit: Dezember bis März, Juni bis Oktober
  • Secluded Africa: Gegründet vom Österreicher Mario Enzesberger und dem Kenianer Richard Corcoran, vier Lodges und ein Boutique Hotel an der Küste, alle im Luxus-Segment mit dem Slogan: „Barfuß Luxus – mach, was dir gefällt“. Die Camps sind alle in privaten Naturschutzgebieten angesiedelt, sodass man Safaris zu jeder Tages- und Nachtzeit durchführen kann, per Auto oder auch zu Fuß. Derzeit geschlossen ist das Delta Dunes an der Mündung des Tana Flusses, an einem 60km langen, unberührten Strand. Nach einigen Umbauten soll es in Kürze wieder geöffnet werden.
  • Nachhaltigkeit: An Secluded Africa ist eine eigene Stiftung angeschlossen. Für jede Übernachtung werden pro Person 60 USD eingehoben, die eins zu eins in den „Secluded Wildlife and Community Trust“ fließen. Damit werden Ranger-Truppen, Wasserversorgung für Wildtiere und Gemeinden finanziert, Micro-Unternehmen gefördert, Ausbildungen bezahlt, Schulen errichtet und Schulgeld bezahlt.
  • Ein paar Brocken Suaheli:
    karibu willkommen
    jambo hallo
    mambo wie geht‘s?
    hakuna matata kein Problem
    lala salama gute Nacht
    kwaheri auf Wiedersehen
    asante sana vielen Dank
    tafadhali bitte
    pole pole langsam; immer mit der Ruhe
    safari Ausflug, Reise
  • Die Lodges von Secluded Africa sind exklusiv über den Afrika-Spezialisten Best4Travel von GEO Reisen buchbar, www.best4travel.at, oder in guten Reisebüros.
  • Die Autorin war mit Unterstützung von Secluded Africa und Emirates unterwegs.