Irlands Top-Attraktionen und ihre Alternativen
Vor dem Hintergrund steigender Reisendenzahlen zeigt sich vielerorts gerade ein wichtiger Trend dazu, Alternativen zu den bestbesuchten Klassikern, wie den Cliffs of Moher, dem Giant’s Causeway oder Titanic Experience in Belfast anzusteuern. Und tatsächlich finden sich über die gesamte Insel verteilt etliche spannende und dennoch unterschätzte Reiseziele. Besonders hoch ist die Dichte an Geheimtipps etwa in Irlands herzlicher Mitte, die mit dem Fluss Shannon mit seinen Blueways für Wassersport und entschleunigte Bootsausflüge sowie Rad- und Wanderwegen an den Kanälen trotz der Entfernung von der Küste vom Wasser geprägt ist. Doch auch abseits gibt es im Herzen der Insel Spannendes zu entdecken. Besonderes Highlight ist das kostenlose Besucherzentrum des Corlea Trackway, einer über Jahrhunderte verborgenen eisenzeitlichen Straße, wo neben der Geschichte der Insel auch viel über Legenden und die Natur der Moorlandschaften zu lernen ist.
Ein echter Geheimtipp in Nordirland ist der Naturhafen Strangford Lough, der zu den nordirischen Areas of Outstanding Natural Beauty zählt und nicht nur Landratten beste Voraussetzungen für Erkundungstouren bietet. Hier können Einsteiger etwa auch ganz entspannt bei Führungen zu spannenden Orten der Küsten und Inseln von Strangford Lough das Kayakfahren erlernen.
6 Besuchermagnete und ihre Pendants
Mellifont Abbey statt Rock of Cashel
Der Rock of Cashel, seines Zeichens nationales Wahrzeichen, trägt den Beinamen „The high king of Irish monuments“. Wie es zu solcher Ehre kommt? Zum einen aufgrund des stattlichen Äußeren, wobei der idealtypische Rundturm durch die exponierte Lage 65m über der Stadt Cashel noch besser zur Geltung kommt. Zum anderen wegen der vielen Geschichten, die sich um Clans, Erzbischöfe sowie die im 4. Jahrhundert hier regierenden Könige von Munster ranken – und den Teufel. Angesichts von mehr als 350.000 Besuchern pro Jahr geht es hier mitunter auch teuflisch zu.
Trubel muss man bei rund 30.000 Gästen in der Mellifont Abbey im County Louth nicht fürchten. Wie der Rock of Cashel entführt auch Irlands älteste Zisterzienser-Abtei Besucher in eine ferne Vergangenheit. Mit dem aus dem 13. Jahrhundert stammenden Lavabo, dem achteckigen Waschraum der Mönche, beherbergt es eines der schönsten Beispiele zisterziensischer Architektur auf der Insel.
Camden Street statt Temple Bar
Auf die Frage nach Dublins bekanntestem (Ausgeh-)Viertel würden die meisten wohl antworten: Temple Bar. Da ist aber auf den kopfsteingepflasterten Sträßchen an manchen Wochenenden fast kein Durchkommen mehr.
Wer diesem XXL-Trubel entfliehen, aber dennoch etwas erleben will, findet mit der gerade einmal 15 Gehminuten entfernten Camden Street eine interessante Alternative. Das Magazin „Time Out“ wählte die Gegend kürzlich gar unter die 30 coolsten Stadtviertel der Welt. Begründung: Camden Street samt Umgebung habe sich einen „schnörkellosen, postmodernen Charakter“ bewahrt und zeichne sich durch „unprätentiöse Pubs, politische Straßenkunst und eine lebhafte Restaurantszene“ aus. Top-Tipps stellen das „Bleeding Horse Pub“ oder das für seine Comedy-Abende bekannte „Anseo“ dar.
Cahir Castle statt Blarney Castle
Seit mehr als fünf Jahrhunderten heißt es, ein Schmatzer auf den Blarney Stone im gleichnamigen Schloss verleihe die Gabe der Redegewandtheit („Gift of the Gab“). Angeblich sei man danach nie mehr sprachlos. Andererseits kann einem vor Ort genau das schon mal passieren, angesichts voller Busparkplätze und Heerscharen von TouristInnen – 2023 waren es fast eine halbe Million.
Gerade einmal ein Fünftel davon suchte Cahir Castle im benachbarten County Tipperary auf. Derweil gilt die 80km entfernte, trutzige Anlage aus dem 12. Jahrhundert als eine der schönsten und am besten erhaltenen mittelalterlichen Festungen Irlands. Offenbar wissen nur wenige, wie sehenswert Wach- und Wehrtürme sind, die Lage auf einer Insel im Fluss Suir ist es sowieso – und als Krönung gibt es eine audiovisuelle Show obendrauf.
Wild Nephin statt Killarney National Park
Irland beheimatet sieben Nationalparks sowie einen maritimen Nationalpark, wobei es die meisten in den Wicklow-, in den Burren- und mehr noch in den Killarney National Park zieht. Seine Nähe zum Ring of Kerry sorgt ebenso wie die Fußläufigkeit von der Stadt Killarney aus mitunter zu einem gewissen Andrang, insbesondere bei sonnigem Wetter.
Einsamere Naturabenteuer verspricht da der gut mit dem Bus von Westport aus erreichbare Wild Nephin National Park Spannend ist das im Nordwesten des Wild Atlantic Way gelegene 150km2-Schutzgebiet indessen nicht nur für Wanderer, sondern auch für Sternengucker. Schließlich ist eines der größten Moorgebiete Europas fast deckungsgleich mit dem Mayo Dark Sky Park, dem 2016 der Gold-Status unter den International Dark Sky Parks verliehen wurde. Eine Sehenswürdigkeit, bei der es garantiert keinen Besucherstau gibt.
Boatyard Distillery statt Bushmills Distillery
Irland ist Whiskeyland – und die Old Bushmills Distillery im Hinterland von Belfast eine der beliebtesten Pilgerstätten für Freunde der starken Spirituose. Rund 1.000 BesucherInnen pro Tag wollen sich in der Hauptsaison von der ältesten Whiskeybrennerei der Insel, womöglich gar der Welt, ein Bild machen. Was sie auch machen wollen: eine Verkostung. Die gibt es aber auch in deutlich familiärerem Rahmen. Schließlich sind auf der Insel mittlerweile rund 40 Destillerien zugange, allein die Hälfte davon verfügt über ein eigenes Besucherzentrum und bietet Führungen und Tastings an.
Das tut auch die jüngst eröffnete Mc Connell’s Distillery. Sie ist in zudem in einem historisch bedeutsamen Gebäude untergebracht, dem berühmten Crumlin Road Gaol. Das ehemalige Gefängnis bietet den würdigen Rahmen für einen traditionsreichen Whiskey. Denn die Marke McConnell's geht auf das Jahr 1776 zurück, noch bevor Old Bushmills ab 1784 seinen Betrieb aufnahm. Allerdings stellte McConnell’s seine Tätigkeit 1938 ein, wähend Bushmills durchgehend destillierte.
Hamilton’s Seat statt Giant’s Causeway
Der Giant’s Causeway ist Nordirlands erste UNESCO-Welterbestätte. Vulkanische Aktivitäten haben hier vor Jahrmillionen etwa 40.000 irre Basaltsäulen am Ufer geformt – auch wenn der Legende nach der Riese Fionn McCumhaill dafür verantwortlich war. So oder so wollen das Küsten- und Felsspektakel hunderttausende Besucher pro Jahr sehen – 2023 waren es über 650.000.
Schon ein paar Meter hinter den Basaltsteinen, spätestens aber hinter der rund 25m hohen Basaltformation namens „Orgel“, wird es deutlich leerer, schließlich sogar richtig einsam. Das Tolle: Zum einen ist der am Giant’s Causeway beginnende, 7km lange Rundwanderweg relativ einfach und zeichnet sich zum anderen mit einer spektakulären Meeraussicht auf dem gesamten Weg aus. Der beste Aussichtspunkt heißt Hamilton’s Seat und ist nach rund einer Dreiviertelstunde erreicht. Manche sagen, dass die Kulisse am Benbane Head und hoch über dem Wasser sogar noch ergreifender ist als die am Giant’s Causeway – einsamer ist es auf alle Fälle.