Wallfahrt zum Weingott in der Toskana

Prächtige Kunstschätze, mittelalterliche Städte, die auf Hügeln aus dem Stein herauszuwachsen scheinen, Tuffsteinhöhlen, die einst als Grabmäler der Etrusker dienten, Bilderbuchlandschaften mit alten Steinhöfen, Zypressen, Olivenhainen und weiten, grünen Feldern. Und einige der besten Weinbaugebiete der Welt. Erklingen Namen wie „Brunello“, „Vino Nobile“ oder „Montefalco“, frohlocken die „Jünger des Weines“ und beim Degustieren eröffnet sich für sie der Himmel…

In Kombination mit dem kulinarischen Angebot der Region sind sie wahrlich ein Vergnügen der überirdischen Art: Ein Menü fängt nicht selten an mit Oliven, Crostini (geröstete Brotscheiben, zum Teil überbacken) und Olivenöl, mit Käse, Schinken und Salami, gefolgt von einer deftigen Bohnensuppe und einem köstlichen Nudelgericht etwa mit Steinpilzen, Trüffeln oder Wildschweinragout, geht über zu einem deftigen Fleischgericht und bietet zum Abschluss etwa Cantuccini mit Vin Santo…

Gott Fufluns

Wer da nicht mit ein paar Kilogramm mehr auf den Hüften nach Hause kommt, muss schon auf ein Wunderwirken hoffen. All die Genüsse verdankt die Region nicht zuletzt ihrer einzigartigen Landschaft und der hoch interessanten Geschichte, die besonders von den Etruskern geprägt ist. Fufluns, das ist übrigens der etruskische Gott der Fruchtbarkeit und des Weins. Das antike Volk ist im nördlichen Mittelitalien (somit in den heutigen Regionen Toskana, Umbrien und Latium) bereits zwischen 800 und 100 v. Chr. nachweisbar, ging aber bis 90 v. Chr. im Römischen Reich auf. Die ausgeprägte Kultur, die den „Jüngern des Fufluns“ auf der gesamten Reise immer wieder begegnet, hinterließ besonders in den Nekropolen (Totenstädten) wunderbare Kunstschätze, viel mehr noch hat sie aber der Landschaft ihren Stempel aufgedrückt: Höhlen und unterirdische Gänge, Grabmäler, Amphitheater, Lagerstätten uvm. sind fast überall zu finden und werden teilweise noch heute genutzt.

Hier ist er!

Nicht nur das Volk der Etrusker, auch die katholischen Päpste haben ihre Spuren hinterlassen. Viterbo etwa in Latium ist zwar touristisch noch wenig erschlossen, hat aber nicht nur ein sehr gut erhaltenes mittelalterliches Zentrum, sondern ist auch eine Papst-Stadt. Ganze fünf Päpste residierten hier bis 1281. Beeindruckende Zeugnisse der Zeit sind der Palazzo di Papi, der Palazzo dei Priori oder die Kathedrale San Lorenzo. Die engen Gässchen und mittelalterlichen Fassaden dienten auch schon oft als Filmkulisse, z. B. wurde hier „Luther“ gedreht.

Ein paar Kilometer weiter, und man kommt nach Montefiascone. Berühmt ist hier der Wein „Est! Est!! Est!!!“, der einer Geschichte zufolge nach einem Ausruf des Dieners von Prälat Johannes Fugger im Jahre 1111 benannt wurde, der voller Begeisterung drei mal „Er ist hier!“ ausrief, als er den besten Wein ausfindig machte. Die Cantina di Montefiascone, die erste italienische Weinkellerei, die biologisch produzierte, stellt diesen Wein heute aus den Rebsorten „Trebbiano toscano“ und Malvasia her, man ist aber dabei, den ursprünglichen Geschmack wieder zu finden.

Tränen in den Augen

Auch zu drei Schmuckkästchen der Toskana – aus kunsthistorischer Sicht genauso wie aus önologischer - führt uns die Reise: Pienza, Montalcino und Montepulciano. Pienza gilt als die „Perle der Renaissance“, die erste – unter Papst Pius II. - „konstruierte Stadt“ in der Toskana. Das Zentrum mit Kathedrale, Rathaus und den zwei Palazzi zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe. Vom Stadtzentrum hat man einen wunderbaren Blick auf das Tal, das Val d’Orcia. Und in den kleinen Geschäften die Möglichkeit den berühmten Schafskäse Pecorino zu verkosten und zu kaufen. Dem berühmten Käse wird übrigens auch jedes Jahr ein eigenes Fest gewidmet.

Nur ein kleiner, beschaulicher mittelalterlicher Ort, aber dafür mit einem umso größeren Wein ist Montalcino. Der Brunello di Montalcino (erster Wein mit dem Status DOCG – kontrollierte und garantierte Ursprungsbezeichnung) wird hier von den Fufluns-Jüngern abgebetet. Nur ein einziger Berg und 16.000 Hektar sind es, auf denen die Rebsorte wächst. Aus dem Jahr 1888 stammt der erste Jahrgang, den Siegeszug begann der Wein allerdings erst in den 1960er Jahren, nachdem eine alte Flasche gefunden worden war, die auf einen sehr langlebigen Wein schließen ließ. Etwa sechs Jahre muss der frisch gepresste Wein lagern, bevor er getrunken wird.

Nicht so lange warten muss man auf den Rosso die Montalcino, ebenfalls eine Spezialität für Kenner. In der Burg, der Fortezza, gibt es dazu eine „Enoteca“, wo all die kostbaren Erzeugnisse verkostet werden können - mit Tränen in den Augen so mancher Teilnehmer. Unweit von Montalcino schließlich thront Montepulciano auf einem 600 Meter hohen Hügel. Die meisten Gebäude stammen aus der Zeit der Renaissance, älter sind aber die Burg, der Palazzo Pubblico aus dem 14. Jhd. oder das Portal der Kirche Santa Maria. Die Stadt war auch zuletzt Filmschauplatz für den Vampir-Film „New Moon“. Der Wein ist auch hier einer der wichtigsten Zutaten für unser Menü aus Kunst und Kulinarik: Berühmt ist der Ort für den Vino Nobile di Montepulciano, einem der „großen Sangiovese-Weine“. Außerdem gibt es noch den Rosso di Montepulciano, der in einer etwas günstigeren Preisklasse liegt. Vom Palazzo Ricci gelangt man in die „Kathedrale“: ein riesiger Weinkeller aus drei Längsschiffen, hohen Pfeilern und Rundbögen. Seit 1988 befindet sich hier die Cantina del Redi, die ebenfalls Weinverkostungen bietet.

Die Tuffsteinstädte

In der Maremma, einem ehemaligen Sumpfland, sind die etruskischen „Tuffsteinstädte“ Sovana, Pitigliano und Sorano zu erkunden. Sorano beeindruckt mit der Festung der Orsini, einem Adelsgeschlecht, das neben den Medicis, viele Kunstschätze hinterließ, und einer Stadt, die auf einem riesigen Felsblock angelegt ist. Pitigliano, auf einem 300 Meter hoch gelegenen Tuffsteinfelsen, wirkt schon gewaltig, wenn man in die Nähe kommt. Interessant ist hier nicht nur der Palazzo Orsini aus dem 11. Jhd. und die verwinkelten Gässchen, sondern besonders das jüdische Viertel. Das „Kleine Jerusalem“ war im 16. Jhd. Zufluchtsort der Juden. Die Synagoge und die ehemalige koschere Weinkellerei sind heute wieder zu besichtigen.

Die Cantina di Pitigliano wurde hingegen erst 1958 gegründet. Weinliebhaber erfreuen sich in der antiken Kellerei unterirdisch etwa am Rosso di Sovana, am Bianco Pitigliano oder am Morellino di Scansano. Oder auch an der jüdischen Süßspeise „Sfratto“. Sovana, hat heute nur etwa 150 Bewohner. Hier wurde übrigens Papst Gregor VII. um 1020 geboren (er spielte eine Rolle im Investiturstreit und zwang Heinrich IV. zum berühmten „Canossagang“). Unweit der Stadt befindet sich die Tomba Ildebranda, das einzige erhaltene etruskische Tempelgrab.

Auf den Spuren von Franz

Umbrien ist vielleicht noch weniger touristisch erschlossen als die Toskana und ist stark von seiner Landwirtschaft geprägt. Die Küche ist sehr bodenständig, die Weinbauern sorgen für das richtige Drumherum: Montefalco oder Ovieto Classico seien hier genannt. Wichtige Städte in Umbrien sind Assisi und Perugia. Assisi verdankt alles seinem berühmtesten Sohn, dem Hl. Franz von Assisi. Geschäfte, Souvenirstände, Lokale – alles lebt zu 100% vom Begründer des Franziskanerordens.

Die Kirchen San Francesco und Santa Chiara sowie die Grabstätten von Franziskus und Klara (Gründerin des Ordens der Klarissen) mit den berühmten Fresken von Giotto und Cimabue gehören zu den wichtigsten Pilgerstätten des Christentums.

Junges Perugia

Perugia hingegen, die Hauptstadt Umbriens, ist eine junge Stadt, mit Universität und vielen Sprachschulen. Die Altstadt auf dem Berg mit dem mittelalterlichen Brunnen Maggiore oder dem Palazzo dei Priori, ist für Touristen heute per Mini-Metro und Rolltreppen erreichbar. Naschkatzen erfreuen sich hier an den „Baci Perugina“, den berühmten Nougat-Pralinen.

Überirdisch unterirdisch

Im Südwesten Umbriens besuchen wir ein weiteres Highlight: Orvieto. Die mittelalterliche Stadt – Heiliger Ort der Etrusker – beeindruckt zum einen mit dem Dom. Anlass für den Dombau war das Wunder von Bolsena im Jahr 1263, Grundlage für das heutige Fronleichnamsfest. Sowohl die Fassade als auch das Innere der Kirche ist reichlich geschmückt; berühmt ist insbesondere die Cappella Nuova mit den farbenprächtigen Fresken von Luca Signorelli.

Zum anderen ist es der Untergrund von Orvieto: Der Felsen, auf dem die Stadt liegt, ist von unzähligen Kellern, Grotten, Gängen, Schächten und Brunnen durchzogen, die Zeugen einer 3.000-jährigen Geschichte sind. 1.200 Grotten sind bisher offiziell registriert, noch viele mehr werden vermutet. Zurückzuführen sind auch diese auf die Etrusker, die sozusagen alles, was oben nicht Platz hatte, in den porösen Stein meißelten: Ställe, Mühlen, Arbeitsplätze etc., die dann später auch im Mittelalter und zum Teil noch bis vor 50 Jahren genutzt wurden. Bei so viel Kunst, Kultur und Geschichte darf auch ein deftiger Schmaus nicht fehlen, Fufluns sei Dank gibt es auch hier hervorragende Weine, auf dass es uns an nichts fehle.

Info zur Reise

Die Reise fand mit Raiffeisen Reisen gemeinsam mit NIKI statt.