Mariazellerland: Mehr als einen himmlischen Ausflug wert
Mit 868 m Seehöhe liegt Mariazell ziemlich nah am Himmel. Himmelstreppe nennt sich darum auch die moderne Schmalspurbahn, die St. Pölten mit dem berühmten Ziel für Pilger aus aller Welt verbindet. Die Bahnstrecke nutzte Kaiser Franz Joseph I. bereits 1910 für eine Reise in den zentralen Wallfahrtsort der Donaumonarchie, der für die Habsburger immer schon von großer Bedeutung war.
HIMMLISCHE LECKERBISSEN
Heutzutage zieht die prächtige Basilika jährlich rund eine Million Besucherinnen und Besucher an, die von den Mariazellern stets gut umsorgt werden. Himmlisch schmecken zum Beispiel die Honiglebkuchen der Firma Pirker, die mitten im Ortskern auf 3.500 m2 hergestellt und verkauft werden. Die Lebzeltherstellung war immer schon ein wichtiger Einkommenszweig in Mariazell. Schließlich brauchten die Pilger nach ihrer anstrengenden Tour eine rasche Stärkung. Was ehemals als Wegzehrung diente, kommt bei Pirker heute in 60 verschiedenen Variationen auf den Tisch. Der Duft zieht sich durch den ganzen Ort. Unmengen an feinstem Honig und unfassbare 650.000 Eier pro Jahr werden dazu verarbeitet. Und das Beste ist: Bei einer Tour durch den gläsernen Besuchergang lassen sich die Lebzelter über die Schulter sehen.
WOHLTUENDE SPIRITUALITÄT
Am Wegesrand winken fünf Wanderer, die sich gerade in Siegerpose vor der Ortstafel von Mariazell für ein Selfie aufbauen. Sie haben wohl gerade ihr Pilgerziel erreicht. Sind es spirituelle Wallfahrer, haben sie es vermutlich auf das Mariengnadenbild abgesehen, mit dem der Benediktinermönch Magnus im 12. Jahrhundert den Grundstein für den Wallfahrtsort legte.
Unter Umständen sind es aber Wellnesspilger, denen es mehr um den Weg, die Selbstfindung oder den viel zitierten Flow geht. Letztere finden sich früher oder später am kristallklaren Erlaufsee, nur 3 km weiter, an der Grenze zwischen Steiermark und Niederösterreich, um sich von ihrer Tour zu erholen. Auf einem Leihrad geht es dank E-Unterstützung lächelnd durch die Landschaft, auch wenn es steil wird. Ein sportliches Ziel ist der als Naturjuwel gepriesene Hubertussee.
SCHON WIEDER DER KAISER
Tatsächlich, er ist es! Hoch über der Walster und seinem Jagdrevier thront Kaiser Franz-Joseph I. Das bronzene Standbild widmete ihm der österreichische Großindustrielle Arthur Krupp zum seinem 80er. Gegossen wurde es in der Berndorfer Metallwarenfabrik der Krupps. Auch der Hubertussee war ein Geschenk. Margret Krupp schenkte ihn ihrem Mann im Jahr 1906 zur Silberhochzeit. Kurzerhand wurde die Walster – ein Seitenfluss der Salza – zur Nutzung der Wasserkraft aufgestaut. Heute sieht der 1,2 km lange See aus, als wäre er immer schon dort gewesen.
WUCHTLPILGERN
Zweifellos ist Pilgern eine der ältesten Formen des Reisens. "Es kommt niemals ein Pilger nach Hause, ohne ein Vorurteil weniger und eine Idee mehr zu haben", wird der englische Staatsmann der Renaissance, Thomas Morus, zitiert. Pilgern ist dennoch nicht jedermanns Sache. Außer es locken Köstlichkeiten wie ein Abendessen in Haubenqualität beim Lurgbauer in St. Sebastian. Oder eine Kaiserwuchtl mit Vanillesauce. Die gibt es in feinster Qualität bei der Wuchtlwirtin am Ufer des Hubertussees. Das Geschmackshoch lässt sogar kurz die Mühen des Heimradelns vergessen. Aber was die Wallfahrer zu Fuß schaffen, klappt mit dem E-Bike reibungslos.
BITTERSÜSSE KONKURRENZ
24 Kräuter oder doch 33? Zwischen den beiden Kräuterlikör-Herstellern am Hauptplatz von Mariazell herrscht seit Generationen lebhafte Konkurrenz. Da wäre einmal die Apotheke zur Gnadenmutter. Mit 300 Jahren Tradition in der Herstellung von Heilmitteln zählt sie zum Immateriellen Kulturerbe der Unesco. Dort wird aus heimischen Pflanzen so ziemlich alles gemacht, was heilsam ist. Aber eben auch Kräuterlikör aus 24 verschiedenen Kräutern.
In dem prächtigen Gebäude schräg gegenüber setzt die Likörmanufaktur Cajetan Arzberger hingegen auf 33 Kräuter für ihren berühmten Magenbitter. Sie ist nach einem 1860 eingewanderten Bauernsohn aus der Oststeiermark benannt, der statt zum Mönch zum Kaufmann wurde. Bald erkannte er den Bedarf für einen Likör, denn die Pilger, die aus der ganzen Donaumonarchie anreisten, litten oft unter Verdauungsproblemen. So ertüftelte er eine spezielle Rezeptur, die ein voller Erfolg wurde. Heute erzeugt sein Urenkel den Mariazeller Magenlikör nach dem gleichen, streng geheimen Rezept. „Wir machen 50.000 Liter pro Jahr! Kräuter aus der ganzen Welt sind drin, Zwetschgenschnaps aus der Oststeiermark und belebtes Wasser“, funkelt Walter Arzberger, der hinter den vielen Glasgefäßen in seiner Werkstatt an einen Alchimisten erinnert.
FAMILIENGIPFEL
Von der Altstadt sind es nur wenige Gehminuten bis zur neuen Achter-Kabinenbahn, auf die Geschäftsführer Johann Kleinhofer besonders stolz ist. „Wir können jetzt 800 Personen in der Stunde befördern. In nur sieben Minuten ist man vom Stadtzentrum auf 1.267 m Seehöhe auf der Mariazeller Bürgeralpe!“ Schnell zeigt er noch talwärts auf die Basilika, ehe die Gondel den Gipfel erreicht.
Der freie Blick auf die Bergwelt der Hochschwabregion inspiriert zum Übermut. „Was machen wir zuerst?“, fragt ein etwa achtjähriges Mädchen ihre Sitznachbarin vor dem Aussteigen. Die Auswahl kann schwer fallen, denn das ganze Areal ist ein einziger Erlebnispark. Möchtegern-Holzknechte und -knechtinnen (echt?) fühlen sich hier sichtlich ebenso wohl wie wagemutige Gokart-, Wasserski- oder Wakeboardfans, denn auf einem der beiden kleinen Gipfelseen gibt es tatsächlich einen Wasserskilift. Rundum schnauft eine kleine Bahn. Klein und Groß fühlt sich von der Flyline magisch angezogen. „Hier dürfen auch schon Kinder ab acht Jahren alleine fahren, weil es nur mit 15 km/h dahin geht", erklärt Kleinhofer, lässt sich anschnallen und schwebt gemächlich 350 m talwärts. Dem Himmel so nah!
Informationen
www.mariazell-info.at
www.hochsteiermark.at
Anreise: Die umweltschonende Anreise gelingt mit der Mariazellerbahn. Die „Himmelstreppe“ bietet moderne klimatisierte und barrierefreie Niederflurtriebwagen und verbindet St. Pölten mehrmals täglich mit Mariazell. www.mariazellerbahn.at
Wohnen & Speisen
Scherflers Hotel Goldenes Kreuz: himmlisch nostalgisch mit liebenswürdigen Gastgebern www.hotelscherfler.at
Bergdorf Montestyria: nagelneue Chalets und Suiten mit Blick auf die Basilika www.montestyria.at
Lurgbauer: Bauernhof in St. Sebastian mit Haubenküche und Romantikzimmern www.lurgbauer.at
Souvenirs, Souvenirs
Flüssige Andenken in halbsüß oder klassisch bitter gibt es in der Likörmanufaktur Caj. Arzberger. Dazu gehört auch das beste Kaufhaus der Stadt. www.arzberger.co.at
Die aus europäischen Heilkräutern produzierten Heilmittel der Apotheke zur Gnadenmutter sind mehr als Mitbringsel. www.zurgnadenmutter.com
Aus Lebkuchen vom klassischen Fünfmandler über vegane Sorten bis zum Trüffellebkuchen reicht die Auswahl in der Lebkuchenmanufaktur Pirker. www.lebkuchen-pirker.at
Für Familien
Der Erlebnispark auf der nahen Bürgeralpe lockt junge Besucher ins Holzknechtland, ans Biberwasser zum Wakeboardfahren und auf die wunderbare Flylinas Wald8erBahn. www.buergeralpe.at
Die selbstgeführte Tour durch die ErLebzelterei Pirker zeigt u.a. „Alles von der Biene“. www.lebkuchen-pirker.at
Wandern & Radfahren
Ötschergräben: Schroffe Dolomitfelsen, kühn angelegte Steige und der glasklare Ötscherbach
Arthur-Krupp-Denkmälerweg: Vom Walster-Ursprung über Ulreichsberg, den Hubertussee entlang und durch den Rechengraben finden sich insgesamt 21 Bildsäulen, Denkmäler und Statuen.
E-(Mountain)biken durch die himmlische Bergwelt; Vermietung z.B. bei Sport Redia in Mariazell www.sportredia.at
Die Reise erfolgte auf Einladung von Hochsteiermark Tourismus.