Ghana: Bunte, nachhaltige Schönheiten
Rund, länglich, zylinderförmig, in leuchtenden Farben und bunt, dezent oder transparent, einfärbig oder in kunstvollen Designs bemalt, klein, groß, solo, als Kette, Armband oder Schlüsselanhänger – „Nimm uns mit“, schreien die Glasperlen, in den Boxen und den Aufhängevorrichtungen übersichtlich drapiert, den Besuchern entgegen. Die handgemachten Schmuckstücke sind auch zu ansehnlich und verführerisch, um nicht den Weg in die Reisetasche zu finden. Dabei sind die Glasperlen („Beads), nicht einfach Souvenir: Sie sind Teil der ghanaischen Kultur und aufwändige Handwerkskunst.
ZAHLUNGSMITTEL UND SCHMUCK
Ob aus Holz, Steinen, Muscheln oder aus Glas und insbesondere in Form von Ketten haben Perlen in Ghana eine lange Tradition, sowohl als Schmuck als auch als Zahlungsmittel des Ashanti-Volkes. Welche und wie viele davon um den Hals, die Hüfte oder das Armgelenk getragen werden, ist abhängig von der jeweiligen Position in der Gesellschaft, vom Anlass und auch von der Gefühlslage. „Man sieht an den Farben, in welcher Stimmung die Person ist. Schwarz hat man früher bei Trauer getragen. Heute ist es aber auch Mode“, erklärt Nomoda Ebenezer Djaba, bekannt als Cedi. Der ältere Herr ist Glasperlenkünstler, so wie bereits seine Urgroßeltern.
Angefangen hat er mit dem Handwerk schon als Siebenjähriger, wie er stolz erzählt. Heute empfängt er Touristen, Interessierte, Studenten und Lehrende, denen er seine Techniken weitergibt. Das Familienunternehmen Cedi Beads Industry befindet sich in Krobo Odumasi, in der südöstlichen Voltaregion. Das Gebiet ist bekannt für Glasperlenproduktion, in den Dörfern und Städten gibt es mehrere Betriebe unterschiedlicher Größe. Die Menschen lernen das Handwerk, so wie Cedi, von Kindheit an. Verkauft werden die farbenfrohen Produkte zumeist auf größeren Märkten.
VON DER GINFLASCHE ZUR KUNST
Gemeinsam mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stellt Cedi verschiedene Arten von Glasperlen her. Zum einen werden alte und kaputte Perlen sowie transparente Glasperlen recycelt, zum anderen Perlen aus Glasflaschen und Glaspulver hergestellt. Das Glas wird von Hotels und Restaurants in der Gegend eingesammelt. Die unterschiedlich färbigen Cola-, Wein- oder Gin-Flaschen werden sortiert, gewaschen, in Stücke gebrochen und zu einem feinen Pulver zermahlen. „Jede Art von Flasche wird gebraucht. Das Glas muss aber in der Qualität zusammenpassen,“ erklärt Cedi. Dann werden Keramikpigmente für verschiedene Farben dazugegeben, das Pulver geschmolzen, in Formen gegossen und gebrannt.
Eine andere Art sind bemalte und glasierte Perlen. Nach dem ersten Brennen, das in einem Ofen direkt am Gelände stattfindet, muss ein Loch gemacht werden, damit die Perlen auch aufgefädelt werden können. Sollen sie noch mehr Farbe bekommen, wird diese mit einem einfachen Holzspan aufgetragen, wie Cedi den Besuchern vorführt. Dann folgt der nächste Brennvorgang. Die prächtigsten Perlen sind besondere Anfertigungen wie etwa „Bodom Beads“, größere, aus feinem Glaspulver gebrannte Perlen, die als individueller Schmuck in der Mitte einer Kette hängen und für Kings, Queens und Chiefs, also Oberhäupter verschiedener Bevölkerungsgruppen und Clans im Land, vorgesehen sind. Diese tragen dann oft viele Ketten mit großen Kugeln übereinander, um ihre gesellschaftliche Stellung zu präsentieren. Manch Perlenschmuck wird von Generation zu Generation weitergegeben und in Ehren gehalten.
ALLES HANDARBEIT
„Wir machen alles noch händisch“, betont Cedi. Selbst die Formen für die Perlen werden in der Werkstatt hergestellt. Dafür wird Lehm von Termitenhügeln verwendet, getrocknet und bei 800 bis 1000 Grad gebrannt. Anschließend werden sie mit Kaolin ausgewischt, damit die Glasmasse nicht in der Form kleben bleibt. Nach dem Brennen polieren die Mitarbeiter die kleinen Kunstwerke händisch mit Wasser und Sand.
„Von manchen Perlen machen wir nur zehn am Tag, wenn sie sehr aufwändig sind. Von anderen, einfachen, bis zu 3.000 am Tag. Wir können alle Designs, auch den Murano-Stil. Andere Firmen machen nur eine Sorte von Perlen und das in großen Mengen.“ Die Manufaktur aber verkauft die Perlen, lose oder von den KollegInnen in Form von Ketten etc. aufgefädelt, weniger an Touristenmärkte als an Händler. Und eine reiche Auswahl gibt es gleich vor Ort im angeschlossenen Shop.
KOMPAKT
Der Besuch der Glasperlenmanufaktur Cedi Beads in Krobo Odumasi (cedibeads1.wixsite.com/cedi-beads) erfolgte im Rahmen einer Ghana-Rundreise mit Akwaba-Afrika; akwaba-afrika.de
Der Artikel ist in reisetipps Nr. 33 im Print erschienen.